Für Augsburger mit Kindern oder wenig Geld fehlt das Angebot. Bis Hilfen von der Stadt greifen, ist es aber für die zweifache Mutter Olga Georgopoulou zu spät. Von Ute Krogull
Rund 147.000 Wohnungen stehen den 278.500 Augsburgern zur Verfügung. Jedes Jahr kommen 1000 dazu, 2013 waren es sogar 1500. Trotzdem hat sich Sozialreferent Stefan Kiefer das Thema Wohnen (vor allem: bezahlbares Wohnen) ganz oben auf seine Agenda geschrieben. Er weiß: „Für viele ist die Lage angespannt, für Teile der Bevölkerung ist es extrem schwierig.“ Die Durchschnitts-Quadratmeter-Miete liegt um die acht Euro (plus Energie- und Nebenkosten), das können sich viele nicht leisten.
Zum Beispiel Olga Georgopoulou, 38, zweifache Mutter. 950 Euro zahlte sie für ihre Wohnung in der Jakobervorstadt. Das war okay – bis die Firma, für die sie arbeitete, in Konkurs ging. Jetzt macht sie eine Umschulung zur Bürokauffrau, bekommt solange 1480 Euro im Monat für sich und die beiden Kinder an Arbeitslosen- und Kindergeld sowie vom Jugendamt. 800 Euro Miete könnte sie mit der Hilfe von Freunden und Wohngeld von der Stadt zusammenkratzen. Doch sie erhält seit Monaten nur Absagen. Allein zehn Vermieter wollten sie wegen der Kinder nicht, erzählt die alleinerziehende Mutter, deren Söhne neun und zwölf Jahre alt sind.
Auch bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft steht sie auf der Warteliste. Sie glaubt nicht mehr, dass sie überhaupt eine Chance hat – zu viele andere versuchen es dort ebenfalls. Die WBG vermietet die Hälfte ihrer 10000 Wohnungen für fünf Euro. Die WBG-Wohnungen sind eine der Stellschrauben, an denen Sozialreferent Kiefer drehen will, um die Situation zu verbessern. 100 Wohnungen im Jahr soll die städtische Tochter bauen, unter anderem an der Friedberger, Donauwörther und Langemarckstraße. Sieben Standorte habe man für die nächsten drei Jahre festgeklopft. Kiefer: „Die WBG ist unser Flaggschiff, aber sie kann nicht alles machen.“ Schön fände er es, wenn freie Wohnungsbauträger ebenfalls Sozialwohnungen errichten. Das tut aber fast keiner mehr, weil es an staatlichen Zuschüssen fehlt. Trotzdem überlegen laut Kiefer Baureferat und Stadtplanungsamt bei jedem Baugebiet, wie man eine Durchmischung mit kostengünstigen Wohnungen erreichen kann.
Wohnungen im Erstbezug kosten in Augsburg um die 10,50 Euro pro Quadratmeter; das ist in Zeiten explodierender Baupreise, wo viele froh sind, wenn sie überhaupt Handwerker finden, die Kostenmiete. Olga Georgopoulou sagt: „Da kommen Münchner und zahlen 1500 Euro für eine Wohnung und finden das noch günstig.“ Sie hat aber auch schon mitbekommen: Es gibt Wohnungen, die stehen lange leer. Ende September muss sie aus ihrer jetzigen Unterkunft ausziehen. Die 38-Jährige hat mittlerweile Angst, dass sie ihre Kinder nicht behalten darf, wenn sie nichts findet.
Die insgesamt 1000 neuen Wohnungen im Jahr würden das Bevölkerungswachstum von Augsburg durchaus abdecken, rechnet Kiefer vor. „Aber der Markt erreicht nicht jeden.“ Um die Aufwärtsspirale der Kosten einzudämmen, setzt er auf den Mietpreisspiegel. Nach der Sommerpause soll der Stadtrat das Thema diskutieren, das durchaus umstritten ist. Manche befürchten, dass Vermieter das Instrument verwenden werden, um Mieten erst recht zu erhöhen. Kiefer sieht das nicht so: „Wer das will, findet jetzt auch schon zwei oder drei Vergleichsmieten dafür.“ Er hält den Mietpreisspiegel für unverzichtbar.
Außerdem will er versuchen, Reserven zu mobilisieren: ungenutzten Wohnraum, aber auch große Wohnungen oder Häuser, in denen nur eine Person lebt, Leerstände aufgrund von Sanierungsbedarf. Der Sozialreferent will Beratungsstrukturen in beide Richtungen aufbauen – für Investoren wie für Mieter.
Besonders schwer tun sich Problemgruppen, weiß der SPD-Politiker aus Gesprächen mit den Augsburger Sozialverbänden: Menschen mit Behinderung, Strafentlassene, Familien mit niedrigem Einkommen – und eben auch Frauen wie Olga Georgopoulou. Eine große Wohnung ist für sie zu teuer, bei einer kleinen sagen die Vermieter: „Da passen Sie zu dritt nicht rein.“ „Wenn die Menschen hören: arbeitslos und zwei Kinder, da ist das schon ein rotes Tuch“, sagt sie. „Man fühlt sich wie ein Mensch unterster Klasse.“
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