Rücksichtnahmepflicht unter Mietern bei (Kinder-)Lärm
In dieser Entscheidung ging es um die Frage, wann die Toleranzgrenzen bei Kinderlärm in einem Mehrfamilienhaus überschritten sind. Hier hatten die Mitmieter detailliert vorgetragen, dass aus der Wohnung der Mietpartei, eine Familie mit 2 noch nicht schulpflichtigen Kindern, fast täglich, auch an Sonn- und Feiertagen sowie zu Ruhezeiten massive Lärmstörungen durch heftiges Stampfen, Springen, Poltern sowie durch Schreie und sonstige lautstarke und aggressive familiäre Auseinandersetzungen auftreten. Diese bisweilen mehrmals am Tag auftretenden Störungen dauerten größtenteils zwischen einer und vier Stunden. und waren deutlich hör- und spürbar. Die Schallübertragung über die Bauteile sei sehr heftig und sogar noch bei Verwendung von Ohrstöpseln als andauerndes Wummern in der ganzen Wohnung zu hören und zu spüren. Der Senat entschied jetzt, dass Kinderlärm zwar grundsätzlich als sozial adäquat hinzunehmen und daher Mitmietern zumutbar sei, gleichwohl gelte dies jedoch nicht für Kinderlärm in jeglicher Form, Dauer und Intensität, nur weil er eben von Kindern stammt. Auch müsse dabei auf die Belange und das Ruhebedürfnis der Nachbarn Rücksicht genommen werden. Geräuschimmissionen, die ihren Ursprung in einem altersgerecht üblichen, kindlichen Verhalten haben, seien ggf. auch unter Inkaufnahme erhöhter Grenzwerte für Lärm und ent-sprechender Begleiterscheinungen kindlichen Verhaltens grundsätzlich hinzunehmen. Aber auch diese erhöhte Toleranz habe ihre Grenzen. Das gelte insbesondere dann, wenn Mitmieter detailliert darlegen, dass von den Kindern und den Mietern selbst Geräuschimmissionen ausgehen, die jedes noch hinzunehmendes Maß überschreiten. Hierbei seien daher im Einzelfall alle Umstände unter Berücksichtigung der Art, Qualität, Dauer und Zeit der verursachten Geräuschimmissionen, des Alters und des Gesundheitszustandes der Kinder sowie die Vermeidbarkeit der Immissionen durch erzieherische Einwirkungen oder durch zumutbare oder sogar gebotene bauliche Maßnahmen zu berücksichtigen, um genau prüfen zu können, ob die Toleranzgrenze bei Kinderlärm überschritten ist. Nach Ansicht des BGH entsprechen die Lärmbeeinträchtigungen nicht mehr einer normalen Wohnnutzung und könne auch nicht von erzieherischen Einwirkungen auf die Kinder ausgegangen werden. Zudem habe das Berufungsgericht die Belange der Mitbewohner nicht ausreichend berücksichtigt und sich mit den baulichen Gegebenheit vor Ort und der Frage der Hellhörigkeit des Hauses nicht befasst, weshalb der Senat der Fall zur weiteren Sachaufklärung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück gewiesen hat.
BGH Urt. v. 22.08.2017, Az. VIII ZR 226/16
Mieter-Tipp
In Mietverträgen finden sich häufig Klauseln, wonach der Mieter die Kosten für sog. Bagatellschäden bzw. Kleinreparaturen selbst übernehmen muss. Derartige Klauseln sind jedoch nur wirksam, wenn im Mietvertrag eine Obergrenze bis max. 125€ im Einzelfall und eine jährliche Höchstgrenze für alle Reparaturen (400€ bzw. 6-8 Prozent der Jahresmiete) festgelegt ist. Wird der Gesamtbetrag (inkl. MwSt.)auch nur um einen Cent überschritten, dürfen die Kosten nicht auf den Mieter umgelegt werden. Zudem muss sich die Kleinreparatur auf solche Teile der Mietsache beziehen, die dem direkten und häufigen Zugriff des Mieters unterliegen.
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