Schimmel – ein unbeliebter Untermieter von Rechtsanwalt Thomas Weiand
Kaum sind die letzten warmen (Sommer) Tage vorbei und gehen die Temperaturen nach unten, da dauert es nicht lange, bis er sich zeigt – Schimmel. Zunächst von uns noch unbemerkt, zeigt er sich, quasi „jungfräulich“ als kleine schwarze Flecken an Wänden und Decken sowie in Fliesenfugen. Es dauert jedoch nicht lange, da macht er sich bemerkt mit muffigem Geruch und handflächengroßen – z.T. aber auch noch größeren – dunkel- schwarzen Flecken. Betroffen sind häufig wenig beheizte bzw. beheizbare Räume, wie z. B. Schlafzimmer, Flur, Treppenaufgänge und Bad. Aber auch in den anderen Wohnräumen, also Wohn-/Esszimmer sowie Küche kann Schimmel auftreten.
Wie bzw. warum kommt es überhaupt zu einem Schimmelbefall?
Voraussetzung für das Schimmelpilzwachstum ist generell Feuchtigkeit bei einem genügenden Nährstoffangebot, wie z.B. Tapeten, Kleister, Klebstoffe Wandfarbe, Holz, Teppiche, Silikon u. ä und wachstumsfördernden Temperaturen, wobei schon mittlere Temperaturen ausreichen. Die Feuchtigkeit hat dabei eine entscheidende Rolle für das Wachstum. Es genügt eine relative Luftfeuchtigkeit von ungefähr 75-80% an der Oberfläche des Materials. Tauwasserbildungen auf oder im Material sind dabei besonders gute Wachstumsbedingungen für Schimmelpilze. Daher kommt es gerade bei Fenster-laibungen, Außenwandecken und schlecht gedämmten Außen-wänden, also den kältesten Bauteilen, zum Schimmelpilzbefall.
Wo kommt die Feuchtigkeit her?
Höhere Feuchtigkeit in der Wohnung kann durch bauliche Mängel oder durch falsches Nutzerverhalten auftreten. So kann z. B. durch Risse im Mauerwerk, undichtes Dach oder Fehler in der Gebäudekonstruktion Feuchtigkeit in Wände und Decken eindringen. Aber auch Wärmebrücken und fehlende oder falsch angebrachte Wärmedämmungen können zu einer erhöhten relativen Feuchte bis hin zur Tauwasserbildung an Innenflächen der Wände führen. Ein unsachgemäßes Heiz- und Lüftungsverhalten der Bewohner, gerade in Verbindung mit Tätigkeiten, bei denen viel Feuchtigkeit entsteht (Kochen, Duschen u.ä), kann ebenfalls zu Schimmelpilz-bildungen führen. Schließlich kommt es auch häufig bei unvollständig oder fehlerhafter Beseitigung von Wasserschäden und bei Neubauten durch Rest-baufeuchte zu einem Schimmelbefall.
Wie kann ich Schimmelbefall/Feuchteschäden vermeiden?
Die relative Feuchte der Luft im Raum sollte dauerhaft 65% – 70% nicht überschreiten. Die Feuchtigkeit als wichtigste Voraussetzung für das Schimmelpilzwachstum muss reduziert werden. Dies ist nur im Zusammenwirken von richtigem, vernünftigem Nutzerverhalten und baulichen Maßnahmen (z.B. Wärmedämmung der Außenwände und Keller-/ Dach- geschossdecken, Schutz vor Schlagregen, Abdichtung gegenüber aufsteigender Feuchtig- keit, u.a.) zu erreichen. Der Einbau zusätzlicher raumlufttechnischer Anlagen dürfte dabei sicher von Vorteil sein, denn er garantiert einen Mindestluftaustausch.
Der Bewohner kann wesentlich durch ausreichendes Lüften dazu beitragen, Feuchtigkeit aus dem Raum zu transportieren. Kalte Außenluft, die beim Lüften in den Innenraum gelangt, nimmt beim Erwärmen Feuchtigkeit auf, die mit der erwärmten Luft wieder nach außen abgeführt wird. Je kälter die Luft ist, desto mehr Wasser kann sie beim Erwärmen aufnehmen. Daher sollte man mehrmals täglich eine kurze Stoßlüftung (5-10 Min.) vornehmen, wobei eine Querlüftung besonders effektiv ist.
Was muss ich bei Verdacht auf Schimmelbefall beachten?
Da Schimmelpilzbefall auch zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen sowie Allergien führen und rechtliche Ansprüche auslösen kann, ist eine genaue Bestandsaufnahme ebenso wichtig wie eine Ursachenklärung. Dies kann seriös und hinreichend sicher nur durch ein Gutachten erfolgen, wobei Messungen (Luftfeuchte, Raumtemperatur, Raumluft) und Materialproben Aufschluss über mögliche Innenraumbelastungen, Schadensquellen und –ursachen geben. Gerade die Ergebnisse der Ursachensuche sind im Hinblick auf miet- rechtliche Konsequenzen von größter Wichtigkeit.
Welche Pflichten und Rechte habe ich als Mieter?
Heizen und Lüften
Eine grundsätzliche Heizpflicht besteht für den Mieter nicht. Er muss allerdings Sorge tragen, dass nicht durch das unterlassene Heizen Schäden, wie z.B. das Einfrieren von Wasserleitungen oder das Auftreten von Feuchtigkeit, in der Wohnung auftreten können. Der Mieter ist also lediglich gehalten, in zumutbarem Umfang sein Heiz- und Lüftungsverhalten der Wohnung anzupassen. Dabei muss sich der Mieter allerdings eventuell geänderten bauphysikalischen Verhältnissen (z.B. bei Einbau isolierverglaster Fenster) anpassen und sein Heiz- und Lüftungsverhalten ändern, wenn er zuvor vom Vermieter hierüber sachgerecht und präzise aufgeklärt wurde. Was zumutbar oder unzumutbar ist, wird von der Rechtsprechung nicht genau definiert. Als unzumutbar wird von einigen Gerichten angesehen: 5-6 maliges Lüften pro Tag bei Berufstätigen, ständige Raumtemperaturen von 22°C bzw. übersteigertes Heizen und Lüften(LG Hamburg NZM 1998,571; AG München Urt.06.09.10 Az. 412 C 11503/09), Schlafzimmer auf 18-20°C zu beheizen; große Möbelstücke von der Wand abzurücken oder an bestimmten Wänden überhaupt keine Möbel aufzustellen (OLG Düsseldorf DWW 1996,278). Zumutbar hingegen sei ein 2-3 maliges Querlüften (OLG Frankfurt NZM 2001, 39), ein Abstand der Möbel von der Außenwand, der sich aus dem Vorhandensein der Bodenleiste ergibt (LG Hamburg WuM 2000,329; LG München I WuM 1991,584).
Mängelanzeige
Als Mieter bin ich zunächst einmal nach den allgemein üblichen mietvertraglichen Vereinbarungen, aber auch nach den gesetzlichen Bestimmungen (§536c BGB), verpflichtet, den Schimmelbefall dem Vermieter anzuzeigen. Eine Form ist hierfür zwar nicht vorgeschrieben, sollte zur Dokumentation (auch) jedoch schriftlich erfolgen. Dabei sollte der Vermieter gleichzeitig unter angemessener Fristsetzung (z.B. 14 Tage) zur Behebung der Mängel aufgefordert werden und der Mieter sich das Recht einer etwaigen Mietminderung ausdrücklich vorbehalten.
Mietminderung
Schimmelpilzbefall und/oder Feuchtigkeit in der Wohnung sind ein Mietmangel, der den Mieter berechtigt, die Miete gem. § 536 BGB angemessen zu kürzen. Die Höhe dieser Mietminderung hängt natürlich von der Anzahl der betroffenen Räume und dem Ausmaß des Befalls ab:
10 % Schimmel nach Einbau neuer Fenster (LG München NJW 2007,2500)
25 % Schimmel und Verfleckung in 2 Räumen (AG Lüdenscheid, WuM 2007, 16)
50 % Feuchtigkeit u. Schimmel in Wohnzimmer (LG Hamburg ZMR 2008, 4567)
50% Schimmel in Wohnung über Tiefgarage (AG Krefeld, 12 C 301/06).
Zur genauen Berechnung der Mietminderung bzw. bevor irgendwelche Mietabzüge vom Mieter vorgenommen werden, ist zur Vermeidung von Rechtsnachteilen eine Rechtsberatung (z.B. durch Rechtsanwalt oder Mieterverein) unabdingbar.
Kündigung
Neben der Mietminderung kann der Mieter unter Umständen das Mietverhältnis auch fristlos kündigen. Dies kommt insbesondere bei einem nicht unerheblichen Schimmel-pilzbefall und/oder Gesundheitsgefährdung durch den Befall in Betracht.
Schadenersatz
Schließlich kann im Einzelfall der Mieter gegenüber dem Vermieter auch Schadensersatz verlangen, z.B. für sein beschädigtes Inventar oder die notwendig gewordenen Umzugskosten .
Die veränderten Lebensgewohnheiten sowie die Zunahme wärmedämmender baulicher Maßnahmen, z. T. vorgegeben durch die gesetzlichen Bestimmungen zur Energieeinsparung, lassen verstärkt das Problem von Schimmelbefall in Wohnungen aufkommen. Die starke Zunahme dieses Problembereichs in der täglichen Beratungspraxis haben den Verfasser veranlasst, Betroffenen einige Hinweise zum besseren Verständnis der Schimmelthematik an die Hand zu geben.