Fortsetzung Mietverhältnis trotz Eigenbedarf wegen unzumutbarer Härte
In dieser Entscheidung hatte sich der BGH mit der Frage zu befassen, in welchem Umfang sich Gerichte mit den vom Mieter vorgetragenen Härtegründen gegen eine Eigenbedarfskündigung auseinanderzusetzen haben. Die Mieter, ein 87-jähriger Mann und seine Ehefrau, bewohnten seit 20 Jahren eine 3 ½ Zi-Wohnung im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses. Der Vermieter kündigte ihnen mit der Begründung, dass er die Wohnung für die 4-köpfige Familie seines Sohnes benötige, der bisher in der Wohnung im OG wohne und beabsichtige, diese und die Wohnung der Mieter zusammenzulegen, um die bisherigen beengten Wohnverhältnisse zu beseitigen. Die Mieter widersprachen der Kündigung und beriefen sich auf die Sozialklausel. Sie machten als Härtegrunde geltend, das der 87-jährige Mieter zahlreiche gesundheitliche Einschränkungen habe und an einer beginnenden Demenz leide, die sich zu verschlimmern drohe, wenn er aus der gewohnten Umgebung gerissen würde. Bei einem Verlust der bisherigen Wohnung sei ein Umzug in eine Altenpflegeeinrichtung nicht zu umgehen; insoweit lehne die noch rüstige Ehefrau ab, sich entweder von ihrem Mann zu trennen oder selbst in ein Altenpflegeheim zu gehen. Außerdem könne der Sohn des Vermieters mit seiner Familie alternativ die leer stehende DG-Wohnung nutzen. Die Vorinstanzen gaben dem Vermieter Recht, wobei die Gerichte die vorgetragenen Härtegründe der Mieter einfach als wahr unterstellten, aber gleichwohl die Ansicht vertraten, dass diese gegenüber den Vermieterinteressen keinen Vorrang verdienten. Der Familie mit 2 Kindern sei es einfach nicht zuzumuten, weiterhin in beengten Wohnverhältnissen zu leben und sich auf die freie DG-Wohnung verweisen zu lassen. Das sah der BGH anders und rügte insbesondere, dass die Vorinstanzen es unterlassen haben, bei der zum Ausdruck gekommenen existentiellen Bedeutung der Wohnung für die Mieter, sich inhaltlich mit den vorgetragenen Härtegründen auseinanderzusetzen. Gerade bei drohenden schwerwiegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen oder Lebensgefahr seien die Gerichte aber verfassungsrechtlich gehalten, ihre Entscheidung auf eine tragfähige Grundlage zu stellen und Beweisangeboten besonders sorgfältig nachzugehen. In Fällen wie dem vorliegenden müssen die Gerichte sich mittels eines Gutachtens ein genaues und nicht nur an der Oberfläche haftendes Bild davon verschaffen, welche gesundheitliche Folgen im Einzelnen für den Mieter mit einem Umzug verbunden sind. Dies sei unterlassen worden, weshalb der BGH das Urteil aufhob.
BGH Urt. v. 15.03.2017, Az. VIII ZR 270/15
Mieter-Info
Der Mieterverein Augsburg ist mit der Verbraucherzentrale Bayern eine Kooperation eingegangen und bietet gegen geringes Entgelt eine Energieberatung an. Sie können sich ab sofort bei Fragen zu Energiekosten und bei Problemen mit Schimmel in der Wohnung an die Energieberatung der Verbraucherzentrale Bayern beim Mieterverein wenden. Die Beratung (vorherige Terminvereinbarung) findet einmal im Monat statt, jeweils am ersten Dienstag von 13:30 -18:00 Uhr und kostet 7,50€ für 45 Minuten. Erster Beratungstag ist der 04.04.2017. Zusätzlich kann die Beratung auch im Rahmen eines Basis-Checks zu Hause erfolgen (10 Euro). Mit einem sogenannten Detail-Check haben Mieter die Möglichkeit Schimmel in der Wohnung von einem Experten beurteilen zu lassen. Inklusive Kurzbericht kostet diese Beratung 40 Euro.
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