Newsletter Juni 2017: Neues BGH-Urteil

BGH schränkt Kündigung wegen sog. Berufs- oder Geschäftsbedarfs ein

In dieser Entscheidung formuliert der BGH erstmals konkrete Leitlinien zum Umgang mit Wohnraumkündigungen durch den Vermieter zum Zwecke der Eigennutzung zu (frei-)beruflichen oder gewerblichen Zwecken. Im konkreten Fall hatte ein Vermieter, der ein Beratungsunternehmen im gleichen Haus hatte, dem Mieter einer kleinen 2-Zi.-Whg. mit der Begründung gekündigt, dass er diese Wohnung zum Einrichten eines weiteren Arbeitsplatzes mit Archiv benötige, weil seine Büroräume überfrachtet seien wegen überfüllter Aktenregale. Während die Vorinstanzen dem Vermieter Recht gaben, hob der BGH die Urteile auf. Der BGH sah in einer Aktenauslagerung kein berechtigtes Interesse des Vermieters für die Kündigung einer vermieteten Wohnung. Er wies ausdrücklich darauf hin, dass in derartigen Fällen das Kündigungsinteresse des Vermieters ähnlich gewichtig sein müsse, wie die im Gesetz typisierten Regeltatbestände. Fälle, in denen der Vermieter die Wohnung ausschließlich zu geschäftlichen Zwecken nutzen möchte – so wie hier – weisen eine größere Nähe zur Verwertungskündigung auf. Angesichts des Umstands, dass der Mieter allein aus geschäftlich motivierten Gründen von seinem räumlichen und persönlichen Lebensmittelpunkt verdrängt werden soll, müsse der Fortbestand des Mietverhältnisses für den Vermieter schon einen Nachteil von einigem Gewicht darstellen. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Der Vermieter könnte seinen Aktenbestand auch anderweitig auslagern ohne dass ihm dadurch erhebliche wirtschaftliche Einbußen entstehen. Der BGH nahm diesen Fall zum Anlass nochmals sehr eindeutig darauf hinzuweisen, dass bei Anwendung der Kündigungsgeneralklausel des § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB das Gesetz eine stets einzelfallbezogene Feststellung und Abwägung der beiderseitigen Belange der betroffenen Mietvertragsparteien verlange. Für die Bestimmung des berechtigten Interesses müssten die Gerichte beachten, dass sowohl die Rechtsposition des Vermieters als auch das vom Vermieter abgeleitete Besitzrecht des Mieters von der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie geschützt sind und daher allgemein verbindliche Betrachtungen sich dabei verbieten.

BGH Urt. v. 29.03.2017, Az. VIII ZR 45/16

Mieter-Tipp

Die Sommerzeit ist nicht nur Urlaubszeit, sie lädt einfach zum Verweilen und Feiern im Freien ein. Hierbei sollten Mieter einer Hausgemeinschaft einige Regeln beachten, um Streitigkeiten zu vermeiden. So dürfen auf zur Wohnung gehörenden Balkonen durchaus Blumenkästen oder Blumentöpfe, ebenso wie Sonnenschirme aufgestellt werden. Voraussetzung ist immer, dass diese ordnungsgemäß befestigt werden und sichergestellt ist, dass sie auch bei starkem Wind nicht hinabstürzen. Bei Blumenkästen empfiehlt es sich diese ggf. nach innen zu befestigen. Auch Grillen ist erlaubt, sofern Nachbarn nicht durch Rauch, Qualm oder unangenehme Gerüche nicht ungemessen belästigt werden. Wenn es im Mietvertrag keine Verbote oder Einschränkungen gibt, wird überwiegend von den Gerichten ein Grillen von bis zu drei Mal im Monat für üblich und zulässig gehalten.

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Newsletter April 2017: Neues BGH-Urteil

Fortsetzung Mietverhältnis trotz Eigenbedarf wegen unzumutbarer Härte

In dieser Entscheidung hatte sich der BGH mit der Frage zu befassen, in welchem Umfang sich Gerichte mit den vom Mieter vorgetragenen Härtegründen gegen eine Eigenbedarfskündigung auseinanderzusetzen haben. Die Mieter, ein 87-jähriger Mann und seine Ehefrau, bewohnten seit 20 Jahren eine 3 ½ Zi-Wohnung im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses. Der Vermieter kündigte ihnen mit der Begründung, dass er die Wohnung für die 4-köpfige Familie seines Sohnes benötige, der bisher in der Wohnung im OG wohne und beabsichtige, diese und die Wohnung der Mieter zusammenzulegen, um die bisherigen beengten Wohnverhältnisse zu beseitigen. Die Mieter widersprachen der Kündigung und beriefen sich auf die Sozialklausel. Sie machten als Härtegrunde geltend, das der 87-jährige Mieter zahlreiche gesundheitliche Einschränkungen habe und an einer beginnenden Demenz leide, die sich zu verschlimmern drohe, wenn er aus der gewohnten Umgebung gerissen würde. Bei einem Verlust der bisherigen Wohnung sei ein Umzug in eine Altenpflegeeinrichtung nicht zu umgehen; insoweit lehne die noch rüstige Ehefrau ab, sich entweder von ihrem Mann zu trennen oder selbst in ein Altenpflegeheim zu gehen. Außerdem könne der Sohn des Vermieters mit seiner Familie alternativ die leer stehende DG-Wohnung nutzen. Die Vorinstanzen gaben dem Vermieter Recht, wobei die Gerichte die vorgetragenen Härtegründe der Mieter einfach als wahr unterstellten, aber gleichwohl die Ansicht vertraten, dass diese gegenüber den Vermieterinteressen keinen Vorrang verdienten. Der Familie mit 2 Kindern sei es einfach nicht zuzumuten, weiterhin in beengten Wohnverhältnissen zu leben und sich auf die freie DG-Wohnung verweisen zu lassen. Das sah der BGH anders und rügte insbesondere, dass die Vorinstanzen es unterlassen haben, bei der zum Ausdruck gekommenen existentiellen Bedeutung der Wohnung für die Mieter, sich inhaltlich mit den vorgetragenen Härtegründen auseinanderzusetzen. Gerade bei drohenden schwerwiegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen oder Lebensgefahr seien die Gerichte aber verfassungsrechtlich gehalten, ihre Entscheidung auf eine tragfähige Grundlage zu stellen und Beweisangeboten besonders sorgfältig nachzugehen. In Fällen wie dem vorliegenden müssen die Gerichte sich mittels eines Gutachtens ein genaues und nicht nur an der Oberfläche haftendes Bild davon verschaffen, welche gesundheitliche Folgen im Einzelnen für den Mieter mit einem Umzug verbunden sind. Dies sei unterlassen worden, weshalb der BGH das Urteil aufhob.

BGH Urt. v. 15.03.2017, Az. VIII ZR 270/15

Mieter-Info

Der Mieterverein Augsburg ist mit der Verbraucherzentrale Bayern eine Kooperation eingegangen und bietet gegen geringes Entgelt eine Energieberatung an. Sie können sich ab sofort bei Fragen zu Energiekosten und bei Problemen mit Schimmel in der Wohnung an die Energieberatung der Verbraucherzentrale Bayern beim Mieterverein wenden. Die Beratung (vorherige Terminvereinbarung) findet einmal im Monat statt, jeweils am ersten Dienstag von 13:30 -18:00 Uhr und kostet 7,50€ für 45 Minuten. Erster Beratungstag ist der 04.04.2017. Zusätzlich kann die Beratung auch im Rahmen eines Basis-Checks zu Hause erfolgen (10 Euro). Mit einem sogenannten Detail-Check haben Mieter die Möglichkeit Schimmel in der Wohnung von einem Experten beurteilen zu lassen. Inklusive Kurzbericht kostet diese Beratung 40 Euro.

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Newsletter Januar 2017: Neue BGH-Urteile

BGH bestätigt Erleichterungen bei Eigenbedarfskündigung

Mit dieser BGH-Entscheidung bestätig der Senat seine bisherige Rechtsprechung, wonach auch Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft für sich oder ihre Familienangehörige wegen Eigenbedarfs kündigen können. Eine Münchener BGB-Gesellschaft, die sich eigens zu dem Zweck der Instandsetzung, Modernisierung sowie der Absicht der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen des Anwesens gegründet hatte, teilte zunächst die Wohnungen in Wohneigentum auf, bevor sie anschließend saniert und verkauft wurden. Den Mieter der letzten, noch nicht sanierten und noch nicht verkauften Wohnung wurde wegen Eigenbedarfs der Tochter eines Gesellschafters gekündigt. Zurecht meinte der BGH. Nach seiner Rechtsansicht macht es keinen Unterschied, ob sich Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft auf Eigenbedarf berufe oder eine Miteigentümer- oder Erbengemeinschaft. Gleichzeitig änderte der BGH seine bisherige Rechtsprechung zur Anbietpflicht einer im selben Anwesen gelegenen freien Wohnung des Vermieters. Unterlässt es der Vermieter, dem gekündigten Mieter als Alternative eine leerstehende Wohnung anzubieten, so führt dies nicht mehr zur Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung. Künftig können Mieter in solchen Fällen nur noch unter Umständen Schadensersatz wegen Umzugs- oder Maklerkosten verlangen.

BGH Urt. v.14.12.2016, Az. VIII ZR 232/15

Miete muss nicht mehr am 3. Werktag auf dem Vermieterkonto sein

Nach § 556b Abs. 1 BGB muss die Miete spätestens bis zum 3. Werktag bezahlt werden. In vielen Mietverträgen steht, dass die Miete monatlich im Voraus, spätestens am 3. Werktag des Monats auf das Konto des Vermieters zu zahlen ist. Jetzt hat der BGH klargestellt, dass eine solche Vertragsklausel unwirksam sei. Dadurch würde dem Mieter unzulässiger Weise das Risiko einer durch die Bank/Sparkasse verursachten Verzögerung auferlegt. Für die Rechtzeitigkeit der Mietzahlung im Überweisungsverkehr komme es nicht darauf an, dass die Miete bis zum 3. Werktag auf dem Vermieterkonto eingehe. Es genüge, dass der Mieter bei ausreichend gedecktem Konto seiner Bank oder Sparkasse den Zahlungsauftrag bis zum 3. Werktag des Monats erteilt habe.

BGH Urt. v. 05.10.2016, Az. VIII ZR 222/15

Mieter-Info

Die Stadt Augsburg lässt einen Mietspiegel erstellen. Mit Hilfe des Mietspiegels werden Mieter künftig besser vor überhöhten Mieten geschützt. Die Datenerhebung wird mittels einer zufälligen Stichprobenziehung aus dem städtischen Melderegister nach Weihnachten erfolgen. Hierzu werden geschulte Interviewer anhand eines Fragebogens die ausgewählten Haushalte aufsuchen und über Baualter, Lage, Wohnungsgröße, Ausstattung, Miethöhe, Betriebskosten usw. befragen. Wenngleich die Teilnahme freiwillig ist, ergeht die eindringliche Bitte an Sie, mitzumachen. Die von Ihnen erhobenen Daten werden nur anonym ausgewertet und anschließend vernichtet. Fehlende Auskünfte können die Realität auf dem Augsburger Wohnungsmarkt verzerren.
Daher erneut unser dringender Appell an Sie: Machen Sie bitte bei der Befragung zum Mietspiegel mit!

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Newsletter September 2011: Neue BGH-Urteile

Formelle Anforderungen an eine Eigenbedarfskündigung
In diesem Urteil legt der Bundesgerichtshof dar, welchen erforderlichen Inhalt das Kündigungs-schreiben eines Vermieters wegen Eigenbedarfs haben muss. Der Zweck der Begründungspflicht nach § 573 Abs. 3 BGB einer Kündigung bestehe darin, dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen, um rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen. Hierfür reiche es aus, wenn im Kündigungsschreiben der Kündigungsgrund so bezeichnet wird, dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann. Bei der
Eigenbedarfskündigung müsse lediglich die Person angegeben werden, für die die Wohnung benötigt wird und das Interesse dieser Person an der Erlangung dieser Wohnung dargelegt werden. Auch stellt der BGH klar, dass Umstände, die dem Mieter bereits zuvor mitgeteilt wurden oder ihm sonst bekannt sind, im Kündigungsschreiben nicht nochmals wiederholt werden müssen. Dies gelte auch für dem Mieter bereits bekannte Umstände über die bisherige Wohnsituation der Eigenbedarfsperson.

BGH Urt. v. 06.07.2011 – Az. VIII ZR 317/10

Mietereinwände gegen eine Eigenbedarfskündigung müssen ernst genommen und geprüft werden
Bei dieser Entscheidung hatte der Vermieter wegen Eigenbedarfs für seine Schwester mit Familie ge-kündigt und angegeben, dass außerdem seine Mutter mit ihrem Lebensgefährten das noch auszu-bauende und mit der EG-Wohnung zu verbindende Souterrain beziehen wolle. Die Mieter wandten dagegen ein, der geltend gemachte Eigenbedarf sei nicht ernsthaft, weil die Mutter des Vermieters pflegebedürftig sei und nicht die Absicht habe, den bisherigen Wohnsitz aufzugeben. Außerdem sei der vom Vermieter geplante Umbau des Souterrains zu Wohnzwecken nicht genehmigungsfähig und damit die beabsichtigte Nutzung nicht realisierbar. Auch habe der Vermieter das Haus nach der Kündigung zum Verkauf angeboten. Auf diese Mietereinwände waren die Vorinstanzen nicht voll-ständig eingegangen. Der BGH machte deutlich, dass das Gericht sämtlichen, vom Mieter vorgetra-genen Gesichtspunkten, nachgehen müsse, die Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Selbstnutzungs-wunsches des Vermieters begründen. Vorgeschobene Kündigungen verdienen keinen Schutz.

BGH Beschl. v. 16.03.2011 – VIII ZR 338/09

Mieter-Tipp
Zur Fristwahrung, insbesondere in eiligen Fällen, kann das Schreiben auch vor Zeugen oder durch Boten mit entsprechendem Zustellungsvermerk in den Hausbriefkasten des Empfängers eingeworfen werden. Dies muss nach überwiegender Rechtsansicht aber spätestens am frühen Nachmittag – bis ca. 15.00 Uhr – geschehen. Danach hilft nur noch eine persönliche Übergabe gegen Empfangs- bestätigung zur Wahrung der Frist.

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